In den bekannten und beliebten Märchen ist immer wieder von der bösen Stiefmutter zu lesen. Die Stiefmutter von Aschenputtel, die sie versklavt und schlecht behandelt oder auch die Stiefmutter von Hänsel und Gretel, die dafür sorgt, dass der Vater seine beiden Kinder im Wald aussetzt.
An und für sich scheint die Stiefmutter kein besonders gutes Bild zu haben. Vorurteile bestimmen das Bild, das Menschen von Stiefmüttern haben. Doch eine Stiefmutter ist nicht zwingend eine verbitterte Frau, die das Kind des Partners schlecht behandelt und nicht möchte, dass Kontakt besteht. Im Gegenteil – sehr viele Stiefmütter sind sehr darauf bedacht, das Leben des Kindes zu bereichern und ihm eine gute Stiefmutter zu sein. Doch, was macht eine gute Stiefmutter überhaupt aus?
Alleine die Tatsache, dass Sie sich diese Frage stellen, zeugt davon, dass Sie eine gute Stiefmutter sind. Denn Sie machen sich Gedanken darüber, ob Sie eine gute Stiefmutter sind. Es ist Ihnen nicht egal, wie es Ihrem Stiefkind geht und Sie legen Wert auf eine gesunde und harmonische Beziehung zu ihm.
Aber, so schön diese Aussage auch klingen mag – es spielen noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle, die Sie zu einer guten Stiefmutter machen. Denn es bringt weder Ihnen noch Ihrem Stiefkind etwas, wenn Sie sich auf die Frage „Wie bin ich eine gute Stiefmutter?“ beschränken und sich nicht weiter um sich und die Beziehung zu Ihrem Stiefkind kümmern.
Um Ihnen dabei zu helfen, eine gute oder eine noch bessere Stiefmutter zu werden, zeigt Ihnen dieser Artikel genauer auf, was eine gute Stiefmutter aufmacht. Behalten Sie dabei natürlich immer im Hinterkopf, dass sich jede Stiefmutter-Kind-Beziehung anders gestaltet. Zudem ist immer die Zusammenarbeit der gesamten Familie gefragt, die einen sehr großen Einfluss darauf haben, wie sich die Beziehung zwischen der Stiefmutter und dem Stiefkind gestaltet.
Bonusmama statt Stiefmutter?
Da der Begriff „Stiefmutter“ aufgrund der Märchen und dem Bild, das Menschen mit dem Begriff verbinden, einen nicht besonders positiven Beigeschmack mit sich bringt, entscheiden sich immer mehr Patchwork-Familien dafür, den Begriff „Stiefmutter“ durch ein anderes Wort zu ersetzen.
Lassen Sie sich einmal den Begriff „Bonusmama“ auf der Zunge zergehen und merken direkt die positive Bedeutung, die hinter diesem Wort zu stecken scheint. Von den negativen Schwingungen, die das Wort „Stiefmutter“ mit sich bringt, ist nichts mehr zu spüren.
Tatsächlich beschreibt das Wort sehr gut, worum es sich bei einer Stiefmutter handelt. Es handelt sich um eine weitere Mama, die das Leben des Kindes bereichern kann und nicht darauf abzielt, es schlecht zu behandeln und in die Rolle der bösen Gegenspielerin zu schlüpfen.
Natürlich ist es vollkommen Ihnen überlassen, ob Sie das Wort „Stiefmutter“ oder „Bonusmama“ in den Mund nehmen. Fakt ist, dass Sie als Stiefmutter keine Feindin sind, sondern mit etwas Zeit und Geduld eine durchaus wichtige Rolle im Leben des Kindes Ihres Partners spielen können.
Behalten Sie dabei immer im Hinterkopf, dass Sie die Rolle der Bonusmama einnehmen. Eine Stiefmutter ersetzt auf keinen Fall die leibliche Mutter, sondern sie stellt einen weiteren Bestandteil im Leben des Kindes dar.
Es ist vollkommen normal, dass die Wahl zwischen Ihnen und der leiblichen Mutter des Kindes in der Regel auf die leibliche Mutter fallen wird, sofern das Kind vor die Wahl gestellt wird. Doch natürlich ist das nicht das Ziel von Patchwork-Familien. Im Idealfall arbeiten alle Beteiligten eng zusammen, sodass ein sogenanntes „Co-Parenting“ entsteht. Zum Wohle des Kindes ist es wichtig, dass niemand schlecht von anderen spricht und alle gemeinsam an einem Strang ziehen.
Haben Sie Geduld
Jedes Kind ist anders und jedes Kind reagiert anders auf neue Situationen. Natürlich spielen dabei auch die Rahmenbedingungen und das Verhalten der Eltern eine fundamentale Rolle. Je besser Eltern mit der Trennung umgehen und je respektvoller sie auch nach dem Beziehungsaus miteinander umgehen, umso leichter wird es Kindern fallen eine neue Frau an der Seite des Vaters zu akzeptieren.
Allerdings sollten Sie in jedem Fall Geduld haben. Sicherlich wäre es schön, wenn sich das Kind direkt an Sie gewöhnen würde, dich in der Regel brauchen Kinder ein bisschen Zeit.
Es steht außer Frage, dass Kinder neben den Eltern weitere Bindungspersonen haben können. Allerdings braucht die Bildung von Bindungen und Beziehungen Zeit. Geben Sie nicht nur dem Kind, sondern auch sich selbst diese Zeit, um sich an die neue Situation gewöhnen zu können.
Machen Sie dem Kind ein offenes Bindungsangebot, ohne sich zu sehr aufzudrängen. In diesem Fall kann bei dem Kind durchaus der Eindruck entstehen, dass sie seine leibliche Mutter verdrängen und ihren Platz einnehmen wollen. Machen Sie ihm klar, dass Sie das nicht vorhaben, sondern lediglich einen kleinen Platz unter Mama und Papa einnehmen könnten.
Lassen Sie zu, dass sich das Kind in seinem eigenen Tempo nähert und sich die Bindung zu Ihrem Stiefkind somit nach und nach aufbaut.
Seien Sie sich dabei aber auch darüber bewusst, dass Sie als Ventil dienen könnten. Selbst, wenn Eltern im Guten auseinandergehen, ruft die Trennung der Eltern bei Kindern oft negative Gefühle hervor. Es kann somit passieren, dass das Kind die negativen Gefühle, wie:
- Wut
- Trauer
- Stress
- Enttäuschung
auf Sie projiziert, ohne Sie direkt persönlich angreifen zu wollen.
Sprechen Sie mit dem Kind
Wie Sie mit Sicherheit wissen, teilt sich der Oberbegriff der Kommunikation in verbale und nonverbale Kommunikation auf. Aus diesem Grund stehen Ihnen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, um dem Kind ein Bindungsangebot zu machen. Studien bestätigen, dass die nonverbale Kommunikation circa 93 Prozent der gesamten Kommunikation ausmacht.
So können Sie alleine durch Nähe und auch Interesse in das, was das Kind macht, ein Bindungsangebot kommunizieren.
Dennoch sollten Sie die Wichtigkeit der verbalen Kommunikation nicht unterschätzen. Dabei kommt es nun immer auf Ihre persönliche Einschätzung oder auch auf die Einschätzung der leiblichen Eltern des Kindes an. Ist das Kind alt genug und offen für ein Gespräch, sprechen Sie am besten ganz offen und ehrlich mit ihm.
Mit einem altersgemessenen Gespräch können Sie so unter anderem:
- Ängste abbauen.
- Fragen beantworten.
- Dem Kind ein Stück des Kontrollgefühls wiedergeben, das es in seinen Augen durch die neue Beziehung des Elternteils verloren hat.
Wichtig ist, dass Sie Ihren Partner aktiv in dieses Gespräch mit einbinden und seine Unterstützung erhalten. Schließlich liegt es auch im Interesse Ihres Partners, dass Sie eine gute Beziehung zu seinem Kind haben.
Ihre Beziehung zu der Mutter des Kindes
Um Ihrem Stiefkind eine gute Stiefmutter sein zu können, ist es für das Kind wichtig zu wissen, zu sehen und auch zu spüren, dass es nicht in Ihrem Interesse ist, seine leibliche Mutter zu ersetzen. Allerdings müssen Sie sich dabei bewusstmachen, dass es nicht alleine in Ihrer Hand liegt, wie das Kind Sie sieht und wahrnimmt.
Die Mutter des Kindes spielt in diesem Zusammenhang eine fundamentale Rolle. Je mehr sie sich mit der neuen Situation anfreundet und je offener sie mit ihr umgeht, umso leichter wird es dem Kind fallen, Sie als Stiefmutter zu akzeptieren.
Aus diesem Grund stellt Ihre Beziehung zu der Mutter des Kindes einen fundamentalen Aspekt dar, den Sie nicht unterschätzen sollten. In vielen Fällen stellt die Kombination zwischen der Ex-Frau und der neuen Frau eines Mannes eine recht schwierige Kombination dar. Doch auch hier bestätigen die Ausnahmen die Regel. Immer mehr Patchwork-Familien teilen auf den sozialen Medien ihre Erfolgsgeschichten, bei welchen alle Erwachsenen ein gutes Verhältnis zueinander haben, sich nicht als Konkurrenz sehen und den Kindern, aber auch sich selbst die neue Situation erheblich erleichtern.
Nun ist es nicht zwingend notwendig, dass Sie und die Ex-Partnerin Ihres Partners die besten Freundinnen werden (auch, wenn natürlich nichts dagegenspricht, wenn Sie sich erstaunlich gut verstehen), doch ein respektvoller und höflicher Umgang miteinander ist für das Kind, aber auch für Ihre eigene Psyche durchaus wünschenswert.
Sprechen Sie mit der Mutter des Kindes
Am besten sprechen Sie direkt mit der Mutter des Kindes und sagen auch Ihr klar und deutlich, dass Sie sie auf keinen Fall ersetzen wollen. Als Bonusmama wollen Sie sich schlicht und ergreifend um das Wohl des Kindes kümmern, wenn es bei Ihnen und Ihrem Partner ist.
Viele Mütter reagieren sehr positiv auf ein solches Gesprächsangebot der neuen Partnerin des Ex-Partners und nehmen es an. Nimmt die Mutter des Kindes Ihr Angebot an, achten Sie darauf, ein paar bestimmte Dinge in dem Gespräch anzusprechen und somit zu klären:
- Erklären Sie der Mutter des Kindes, wie Sie Ihre Rolle sehen und fragen Sie sie danach, wie sie Ihre Rolle wahrnimmt. Fragen Sie in diesem Zusammenhang auch, was sie sich möglicherweise von Ihnen erwartet.
- Legen Sie fest, wie Sie miteinander umgehen wollen. Wie wollen Sie kommunizieren? Wollen Sie möglicherweise regelmäßige Gespräche führen und Rücksprache halten, um das Wohl des Kindes garantieren und sicherstellen zu können?
Wenn kein Gespräch möglich ist
Auf der einen Seite leben wir nicht in einem Märchen, in dem Stiefmütter immer die bösen Frauen sind, die einen Keil zwischen das Kind und den Vater oder sogar das Kind und die Mutter treiben wollen. Auf der anderen Seite leben wir aber auch nicht in einer Traumwelt, in der sich alle Menschen liebhaben und super miteinander klarkommen.
So kann es durchaus vorkommen, dass die Ex-Partnerin Ihres Partners Ihr Gesprächsangebot ablehnt oder während des Gesprächs beleidigend oder sogar aggressiv wird. In diesem Fall sollten Sie das Gespräch abbrechen. Kommt es gar nicht zum Gespräch, ist Ihr Partner gefragt. Kann auch er nicht vermitteln, braucht die Mutter des Kindes möglicherweise einfach Zeit. Vielleicht trauert sie noch um die Beziehung und sucht aus diesem Grund schlicht und ergreifend Abstand.
Sprechen Sie mit Freunden und anderen Vertrauten
Wenn Gespräche nicht so laufen, wie Sie sich das wünschen, die Ex-Frau Ihres Parnters negativ auf Sie reagiert und das Kind gegen Sie aufhetzt und das Kind Sie somit nicht akzeptiert, ist es wichtig, dass Sie sich Ihren Frust von der Seele reden.
Achten Sie dabei jedoch darauf:
- das nicht direkt vor dem Kind zu machen.
- nicht mit Ihrem neuen Partner zu oft und zu viel darüber zu sprechen.
Suchen Sie sich lieber eine gute Freundin oder einen guten Freund oder ein Familienmitglied als Gesprächspartner. Auch ein Psychologe kann dabei helfen, Ihre Gedanken zu ordnen und sich den Frust von der Seele zu sprechen.
Der Grund dafür, dass sich Ihr Partner nicht als Gesprächspartner eignet, liegt schlicht und ergreifend in der Tatsache, dass er durchaus befangen sein könnte und nichts Schlechtes über die Mutter seines Kindes oder seiner Kinder sagen möchte – selbst, wenn es berechtigt wäre.
Bringen Sie Ihren Partner nicht in die Situation, Ihnen zustimmen und zuhören zu müssen und ersparen auch sich zusätzlichen Stress und möglichen Streit, indem Sie sich andere Gesprächspartner für diese Zwecke suchen.
Tipps und Tricks für eine gute Stiefmutter
Es wäre schön und einfach, wenn Sie sich einfach ein paar Regeln zur Hand nehmen könnten, an denen Sie sich bezüglich Ihres Verhaltens und der Beziehung zu Ihren Stiefkindern orientieren könnten. Allerdings müssen Sie dabei, wie schon so oft gesagt, immer im Hinterkopf behalten, dass sich jede Familie anders gestaltet. Deshalb sind pauschale Regeln in der Regel nicht sonderlich produktiv, sondern eher kontraproduktiv. Dennoch können Sie sich durchaus an ein paar interessanten Tipps und Tricks orientieren, die sich positiv auf Ihre Rolle als Stiefmutter und auf die Beziehung zu den Kindern Ihres Partners, sowie auch ihrer Mutter auswirken können.
- Mischen Sie sich nicht in Dinge ein, die Sie in Ihrer Rolle als Stiefmutter nichts angehen.
- Machen Sie die Mutter der Kinder Ihres Partners nie schlecht, wenn diese dabei sind.
- Nehmen Sie die Rolle einer Freundin für das Kind ein und versuchen auf keinen Fall, eine Mutter zu sein.
- Haben Sie viel Geduld.
- Nehmen Sie die Kinder ernst und sprechen Sie mit ihnen.
- Seien Sie nett zu der Mutter der Kinder. Natürlich beruht das auf Gegenseitigkeit, sodass sich dieser Tipp nicht nur an Sie als Stiefmutter richtet. Für das Wohl des Kindes ist es wichtig, dass sich alle Beteiligten mit Respekt begegnen und sich um einen harmonischen und freundlichen Umgang bemühen.
- Machen Sie Ihrem Partner klar, dass er der Erziehungsberechtigte ist und Sie nicht die Rolle der Mutter einnehmen.
- Seien Sie einfühlsam, setzen aber durchaus die Regeln durch, die Sie sich in Ihrem Haushalt wünschen, wenn sich das Kind bei Ihnen aufhält.
- Denken Sie an sich selbst und nehmen sich Auszeiten. Nehmen Sie sich in diesem Zusammenhang auch die Freiheit Dinge abzulehnen, die nicht in Ihren Aufgabenbereich fallen.
Holen Sie sich Hilfe
Zu guter Letzt: Haben Sie keine Angst davor, sich Hilfe zu suchen. Die Rolle der Stiefmutter einzunehmen stellt Sie vor eine große Herausforderung. Natürlich kann Ihnen die neue Rolle sehr viel schenken und Ihr Leben bereichern, doch bis sich neue Konstellationen gefestigt und Bindungen aufgebaut haben, braucht es schlicht und ergreifend Zeit.
Merken Sie, dass Sie Unterstützung brauchen, können Sie sich für diese Zwecke an die folgenden Beratungsstellen wenden:
- Familienberatungsstellen
- Jugendamt
- Systemische Therapeuten/Familientherapeuten
- Seelsorger, die vor allem in dem Bereich der Familienprobleme Erfahrung mitbringen