Kind sitzt

Welche Verhaltensauffälligkeiten gibt es bei Kindern?

Jedes Kind verhält sich anders. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass jeder Mensch einen anderen Charakter hat und andere Interessen verfolgt. Bereits kleine Kinder unterscheiden sich in ihren Interessen und auch in ihren Charaktereigenschaften. Aus diesem Grund erhalten Eltern auch immer wieder den Tipp, Kinder nicht untereinander zu vergleichen. Verschiedene Interessen bedeuten nicht, dass eine Verhaltensauffälligkeit vorliegt. Doch, welche Verhaltensauffälligkeiten gibt es bei Kindern?

An und für sich sollten Eltern immer davon absehen, ihr Kind mit anderen Kindern zu messen und zu vergleichen. Allerdings stellt sich für viele Menschen auch die Frage, ab wann sich die Unterschiede zwischen den Kindern als normal definieren und wann ein Kind unter Umständen eine Verhaltensauffälligkeit aufweist.

Die Angst vor dem Vergleichen und dem damit zusammenhängenden „labeln“ des Kindes hält viele Eltern davon ab, ihr Kind als „verhaltensauffällig“ einzustufen. Dazu gesellt sich die Tatsache, dass es sich bei dem Wort „Verhaltensauffälligkeit“ um ein recht schweres und nicht klar definierbares Wort handelt. Was vor ein paar Jahren noch als Verhaltensauffälligkeit verstanden wurde, findet heute kaum mehr Beachtung und gilt als normales Verhalten. Sie sehen, dass sich die Thematik der Verhaltensauffälligkeit gar nicht so einfach gestaltet, wie das vielleicht anfangs den Anschein hat.

Aus diesem Grund beschäftigt sich dieser Artikel intensiver mit der Frage, was eine Verhaltensauffälligkeit überhaupt ist, wie Sie diese erkennen und welche Arten der Verhaltensauffälligkeiten überhaupt bei Kindern vorkommen.

Was bedeutet das Wort „Verhaltensauffälligkeit“ überhaupt?

Kind schaut aus dem Flugzeugfenster

Bevor nun darauf eingegangen werden kann, welche Verhaltensauffälligkeiten es bei Kindern gibt, muss zunächst einmal eine Antwort auf die Frage gegeben werden, was eine Verhaltensauffälligkeit überhaupt bedeutet.

Eine ganz einfache Definition des Wortes lautet wiefolgt:

Ein Kind verhält sich erheblich anders als andere Kinder in seinem Alter und geht deutlich anders mit bestimmten Situationen um, als andere Kinder.

Wie Sie bereits merken, bringt diese Definition das Problem mit sich, dass sie sich auf den Vergleich mit anderen Kindern bezieht. Allerdings machen sich Verhaltensauffälligkeiten nur dann bemerkbar, wenn Sie das Verhalten eines Kindes mit einem Maßstab vergleichen können.

Den Maßstab stellt in diesem Fall das Verhalten anderer Kinder dar. Das bedeutet nicht, dass ein Kind nicht normal ist, wenn es sich in seinem Verhalten von anderen Kindern unterscheidet. Ein nicht bewertendes und rein objektives Vergleichen hilft Ihnen allerdings dabei herauszufinden, ob bei einem Kind unter Umständen eine Verhaltensauffälligkeit vorliegt, oder nicht.

Die Flexibilität des Begriffes „Verhaltensauffälligkeit“

Die Tatsache, dass der Begriff „Verhaltensauffälligkeit“ immer mit einem Vergleich von Kindern untereinander einhergeht, stellt nicht die einzige Problematik dar. Wenn Sie einmal an Ihre eigene Kindheit zurückdenken oder Ihre Eltern nach ihrer Kindheit fragen, werden Sie feststellen, dass zu jeden Zeiten andere Ansichten und Definitionen herrschten.

So verhält es sich auch mit den Verhaltensauffälligkeiten, die es bei Kindern gibt. Was wir heute als „verhaltensauffällig“ bezeichnen, kam früher möglicherweise kaum zur Sprache. Oder Dinge, die sich für uns heute vollkommen normal gestalten, mögen ältere Generationen unter Umständen als „verhaltensauffällig“ einstufen.

Somit definiert keine Definition das Wort vollkommen klar. Das Wort bringt keine in Stein gemeißelte Erklärung mit sich und zeichnet sich durch die Tatsache aus, sehr wandelbar und flexibel zu sein.

Genau dieser Umstand macht es auch so schwer festzustellen, ob ein Kind eine Verhaltensauffälligkeit aufweist oder nicht.

Neben der Tatsache, dass unterschiedliche Generationen dem Begriff eine andere Definition und Reichweite verleihen, gesellt sich auch die Tatsache dazu, dass weitere Faktoren noch mehr zur Flexibilität des Wortes beitragen.

So bestehen unter anderem zwischen verschiedenen Kulturen fundamentale Unterschiede des Wortes. Während in einigen Kulturen aggressives Verhalten unter die Kategorie der Verhaltensauffälligkeiten fällt, dulden andere Kulturen Aggressivität oder fördern sie sogar.

Alleine diese Tatsache zeigt, wie komplex sich dieses auf den ersten Blick eigentlich recht offensichtliche Wort gestaltet. Nun stellt sich also die Frage, was Verhaltensauffälligkeiten überhaupt sind?

Können Verhaltensauffälligkeiten mit dem Wissen, das Sie gerade über den Begriff erhalten haben, überhaupt bestimmt werden?

An und für sich können Sie sich immer an der folgenden Definition orientieren:

Ein Kind gilt dann als verhaltensauffällig, wenn es sich durch sein Verhalten selbst in seiner Entwicklung negativ beeinflusst.

Welche Verhaltensauffälligkeiten gibt es?

Kind weint

Wie Sie nun bereits wissen, zeichnet sich der Begriff „Verhaltensauffälligkeiten“ , die es bei Kindern gibt, durch eine sehr große Flexibilität aus.

Behalten Sie aus diesem Grund immer im Hinterkopf, dass dieser Artikel auf Verhaltensweisen eingeht, wie sie Menschen in Teilen der westlichen Welt im 21. Jahrhundert auffassen.

Sicherlich weichen verschiedene Meinungen auch von dieser Definition ab, doch die folgenden Verhaltensauffälligkeiten stellen die Aspekte dar, die Menschen in der heutigen Zeit unter der Bezeichnung „verhaltensauffällig“ verstehen.

Bevor Sie nun eine Übersicht der häufigsten Verhaltensauffälligkeiten erhalten, müssen Sie einen weiteren Aspekt beachten. Durch die Tatsache, dass sich der Begriff „Verhaltensauffälligkeiten“ so umfangreich gestaltet, fallen sehr viele unterschiedliche Verhaltensweisen unter diese Kategorie.

Eine Liste würde somit sehr lang und umfangreich ausfallen, wenn alle möglichen Verhaltensauffälligkeiten in ihr enthalten sind. Aus diesem Grund geht der Abschnitt lediglich auf die Verhaltensauffälligkeiten ein, die Experten bei Kindern am Häufigsten beobachten.

Verhaltensweisen, mit denen sich Kinder selbst schädigenIntensives Daumenlutschen, Kauen an den Nägeln, Ausreißen der Haare, Zufügen von Schnittwunden oder von anderen Verletzungen, Essstörungen, Missbrauch von Drogen.
Verhaltensweisen, mit denen Kinder andere Menschen schädigenAggressivität, Körperverletzungen, Vandalismus, Mutwilliges Zerstören von Gegenständen, Diebstahl, Brandstiftung.
Verhaltensweisen, die zu erheblichen Schwierigkeiten im Bezug auf die Erziehung führenHäufiges Lügen, sehr abwehrendes Verhalten, nicht alterstypisches Trotzverhalten.

Auch:

  • selbstunsicheres
  • sehr schüchternes
  • überängstliches

Verhalten fällt in der heutigen Zeit unter den Begriff der „Verhaltensauffälligkeiten“.

Die Frage nach dem “Warum”

Gekipptes und beleuchtetes Fragezeichen

Ein Kind verhält sich nicht einfach so auffällig. In der Regel steckt ein Auslöser hinter dem Verhalten des Kindes, weshalb die Frage nach dem „Warum“ – sprich: die Suche nach den Gründen und Auslösern – in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt.

Viele unterschiedliche Gründe können Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern auslösen. Sehen Sie das Verhalten des Kindes immer als Ventil, über das Sie bestimmte Dinge auslassen.

Seien es aufgestaute Gefühle oder unverarbeitete Traumata, die sich über die Verhaltensauffälligkeiten ein Ventil suchen – die Gründe für das Entstehen von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen können sehr viele unterschiedliche sein.

In der Regel führt nicht nur ein Auslöser zu der Entstehung einer Verhaltensauffälligkeit. Oft kommen mehrere ungünstige Faktoren über einen längeren Zeitraum hinweg zusammen. Treffen diese Faktoren aufeinander, eskaliert es unter Umständen und es kommt zu Verhaltensauffälligkeiten.

Kritisch an den Auslösern ist oft die Tatsache, dass Erwachsene die Auslöser nicht ernst genug nehmen. Was in Ihren Augen nicht sonderlich belastend oder stressig sein mag, kann für Kinder einen vollkommen anderen Beigeschmack mit sich bringen. Auch in diesem Fall kommt es auf den Charakter des Kindes an, der unter anderem bestimmt, wie es mit bestimmten Situationen umgeht.

Zu den Auslösern und Faktoren, die zu der Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten führen können, gehören unter anderem die Folgenden:  

  • Geburt eines Geschwisterkindes
  • Umzug der Familie
  • Trennung der Eltern
  • Erkrankung oder Verlust eines Mitglieds der Familie
  • etc.

Nicht immer reagieren Kinder auf diese genannten Umstände mit der Entstehung einer Verhaltensauffälligkeit. Besonders „anfällig“ sind Kinder und Jugendliche allerdings, wenn sie sich bereits in einer schwierigen Entwicklungsphase befinden. Zu schwierigen Entwicklungsphasen zählen unter anderem der Schuleintritt oder auch der Beginn der Pubertät.

Die Rolle der Eltern

Vier Hände aufeinander

Eltern spielen bezüglich der Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten, die es bei Kindern gibt, auch oft eine nicht zu unterschätzende Rolle. Es geht keinesfalls darum, einen Schuldigen auszumachen, der die Schuld für die Verhaltensauffälligkeit auf sich nimmt. Vielmehr geht es darum zu verstehen, warum das Kind eine Verhaltensauffälligkeit entwickelt hat. Nur so können Sie eingreifen und es bei der Lösung seiner Probleme helfen.

Denn unter Umständen stellt eine Verhaltensauffälligkeit auch ein Schrei nach Aufmerksamkeit dar. Eltern in der heutigen Zeit befinden sich in einer sehr anstrengenden Position. Die Balance zwischen Arbeit, Kindererziehung, Haushalt, Zeit für sich selbst, Hobbys und Zeit als Paar fällt keinesfalls leicht.

Somit passiert es durchaus, dass sich Eltern aufgrund der sehr hohen Belastung, unter der sie selbst leiden, nicht ausreichend Zeit und Aufmerksamkeit für ihre Kinder haben. Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Kinder, um sie in ihren Bedürfnissen zu sehen. Widmen Sie sich Ihren Kindern und helfen Sie ihnen somit dabei, schwierige Entwicklungsphasen oder oben genannte Faktoren besser zu verarbeiten.

Um nur ein Beispiel zu nennen, bietet es sich bei der bevorstehenden Geburt eines Geschwisterkindes an, das Kind entsprechend darauf vorzubereiten:

  • Sprechen Sie mit dem Kind über das Geschwisterchen.
  • Nehmen Sie das Kind mit seinen Ängsten und Gefühlen wahr.
  • Widmen Sie dem Kind so viel Aufmerksamkeit, wie möglich.
  • Beziehen Sie das Kind so gut es geht und soweit es das selbst zulässt, in die Schwangerschaft und das Leben nach der Geburt mit ein.

Die Funktion der Verhaltensauffälligkeiten

Oft wollen Kinder, die eine Verhaltensauffälligkeit aufweisen, schlicht und ergreifend gesehen und wahrgenommen werden. Sehen Sie eine Verhaltensauffälligkeit niemals als willkürliche Provokation eines Kindes. Gehen Sie stattdessen auf das Kind ein und suchen nach der Ursache für das auffällige Verhalten. Denn in den meisten Fällen verfolgt die Verhaltensauffälligkeit die Funktion:

  • Auf Probleme aufmerksam zu machen, mit denen betroffene Kinder und Jugendliche nicht alleine klarkommen.  
  • Ängste zu verringern.
  • Aufmerksamkeit einzufordern und Zuwendung zu erhalten.
  • Unangenehme Gefühle zu verdrängen, weil der Umgang mit Gefühlen zuvor nie richtig gelernt wurde.

Wie Sie sehen handelt es sich bei Verhaltensauffälligkeiten nicht einfach nur um „aufmüpfiges Verhalten“. Sehen Sie auffälliges Verhalten als Kommunikationsversuch, der nach dem Motto „negative Aufmerksamkeit ist besser als keine Aufmerksamkeit“ verläuft.

Wie kann ich meinem Kind helfen?

Viele Eltern haben das Gefühl der Situation nicht gewachsen zu sein – vor allem, wenn die Verhaltensauffälligkeiten, die es bei Kindern gibt, ausarten und außer Kontrolle geraten. Bevor es soweit kommt, sollten Sie im Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern immer ein paar wichtige Aspekte bedenken und im Hinterkopf behalten:

  • Setzen Sie Grenzen. Kinder brauchen Grenzen, die sie austesten können, um zu verstehen, wie weit sie wirklich gehen können.
  • Machen Sie Kindern keine Vorwürfe und haben Geduld. Sprechen Sie mit ihm und sagen ihm, was Sie von ihm erwarten. Bringen Sie dabei aber auch in Erfahrung, was das Kind von Ihnen braucht.
  • Heben Sie nicht immer die negativen Verhaltensweisen hervor. Bringen Sie auch gutes Verhalten zur Sprache.
  • Verbringen Sie Zeit mit dem Kind und schenken ihm Ihre Aufmerksamkeit.
  • Seien Sie ein gutes Vorbild und zeigen Ihrem Kind, wie Sie mit Ihren Gefühlen umgehen. Nicht immer fällt es Eltern leicht, mit ihren eigenen Gefühlen umzugehen. Oft führt das dann auch dazu, dass Kinder nicht die Chance haben, den richtigen Umgang mit Gefühlen zu lernen. Nehmen Sie die Verhaltensauffälligkeiten eines Kindes vielleicht auch als Chance, an sich selbst arbeiten und sich mit unverarbeiteten Erlebnissen aus Ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen.

Hilfe und Unterstützung, die Sie bekommen können

Sie müssen sich nicht alleine mit der Situation beschäftigen und Probleme alleine lösen. Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen alles über den Kopf wächst, stehen Ihnen unterschiedliche Hilfsangebote zur Verfügung, die Sie nutzen können:

Familien – oder ErziehungsberatungsstellenTherapeutische Behandlungsstellen
Mit gezielten Gesprächen finden Fachleute die Ursachen für die Verhaltensauffälligkeiten heraus und sorgen mit einigen Veränderungen im Tagesablauf oder schlicht und ergreifend mit dem Aufstellen klarer Regeln dafür, dass die Verhaltensauffälligkeiten immer mehr abschwächen.Steckt hinter der Verhaltensauffälligkeit ein belastendes Ereignis im Leben des Kindes oder auch im Leben der Eltern, bietet sich eine Therapie an. Je nach Bedarf findet eine Familientherapie statt oder Elternteile und Kinder erhalten separate Therapien, um ihre Traumata separat voneinander zu verarbeiten.

Haben Sie keine Scheu davor, sich Hilfe zu suchen. Hilfe in Anspruch zu nehmen heißt keinesfalls, dass Sie als Eltern in der Erziehung versagt haben. Im Gegenteil: Es zeugt davon, dass Sie gute Eltern sind, wenn Sie sich dabei unterstützen lassen, noch mehr für Ihre Kinder da zu sein und ihnen zu helfen.

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