Bestimmt kennen Sie sie auch – die Bilderbuchfamilie, die alles perfekt machen zu scheint. Das Baby weint? – Keine Sorge, denn Nerven haben die Eltern zu genüge. Wutanfall? – Auch kein Problem, denn die Eltern bleiben in jeder Situation ruhig und verständnisvoll. Doch heutzutage haben Familien viele Belastungen.
Überforderung? Wunsch nach Freizeit? Probleme mit dem Kind? Zweifel an der Erziehung? Diese Fragen scheint sich in der heutigen Gesellschaft niemand mehr zu stellen. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, stellt die Frage nach dem „Warum“ dar.
Stellen sich Familien diese Fragen wirklich nicht mehr? Läuft bei allen Familien alles wirklich so rund, wie es nach außen hin scheint?
Der Grund für die Tatsache, dass sich Menschen diese Fragen heute nicht mehr stellen, besteht darin, dass sich nahezu niemand mehr traut, die Wahrheit zu zeigen und zuzugeben, dass es menschlich ist, sich überfordert und verloren zu fühlen.
Auf den sozialen Medien und in jeder Frauenzeitschrift wird vor allem Frauen immer wieder das Gefühl gegeben, dass sie nicht genug sind. Die Karrierefrau und Supermama mit dem Zahnpasta-Lächeln und der perfekten Frisur grinst gestressten Eltern auf dem Cover entgehen. Die Überschrift schreit zudem provokant „Du bist nicht gut genug“, indem sie darauf vorbereitet, dass der Artikel in der Zeitschrift das Geheimnis verrät, wie Sie endlich Beruf, Karriere, Freizeit und Hobby vereinen und dabei einen vollkommen gelassenen Lebensstil leben.
Doch nicht nur die Erwartungen der Gesellschaft setzen junge Familien heutzutage unter Druck und stellen eine große Belastungen für sie dar. Überlegen Sie nur einmal, in welchen Situationen Sie sich möglicherweise überlastet und überfordert fühlen.
Genau aus diesem Grund geht dieser Artikel etwas genauer auf die Frage ein, wieso junge Familien vor allem heutzutage so viele Überlastungen haben.
Die Erwartungen der Gesellschaft
Die Erwartungen der Gesellschaft stellen einen der Hauptgründe für die Tatsache dar, dass sich Eltern in der heutigen Zeit so überfordert fühlen.
Ganz egal, wie Sie es machen – in den Augen der Gesellschaft machen Sie es sowieso falsch.
Sie leben deutlich entspannter, besser und somit weniger überfordert und gestresst, wenn Sie einfach das machen, was Sie für richtig halten. Versuchen Sie es allen anderen recht zu machen, passieren nämlich mehrere Dinge:
- Sie handeln nicht so, wie Sie wollen.
- Es wird immer jemanden geben, der etwas an Ihnen oder Ihrem Verhalten auszusetzen hat.
- Sie geben sich selbst das Gefühl, nicht genug zu sein und etwas ändern zu müssen.
Aus diesem Grund sollten Sie sich nicht darum kümmern, was andere Menschen über Sie, Ihr Familienleben und Ihre Kindererziehung zu sagen haben.
- Das Kind schläft nur im Auto ein?
- Sie gehen nachts mit dem Kind spazieren, damit es besser schläft?
- Ihr Kind darf eine Stunde mit dem Telefon spielen?
- Sie erlauben es Ihrem Kind länger aufzubleiben?
Sie werden sowohl Eltern finden, die Ihnen zustimmen, aber auch auf andere Meinungen treffen, die Ihnen erzählen werden, wie verantwortungslos Sie doch sind. Haben Sie je eine Frage in einer Müttergruppe gestellt? Es muss nicht einmal eine provokante Frage sein, um unterschiedliche Meinungen zu erhalten und ganze Diskussionen zu kreieren. Alleine dieser ständige Austausch stellt einen Großteil der Belastungen dar, die Familien heutzutage haben.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Erwartungen, die die Gesellschaft an Familien stellt, müssen nicht Ihren Werten und Vorstellungen entsprechen. Machen Sie sich frei von den Erwartungen und leben Ihr Familienleben so, wie Sie sich das wünschen.
Werden Sie sich in demselben Atemzug auch darüber bewusst, dass Menschen auf den sozialen Medien selten die Wahrheit teilen. Menschen nutzen die sozialen Medien, um schöne und „perfekte“ Momente zu teilen. Nehmen Sie diese Momente nicht als Maßstab, an dem Sie sich messen.
Sie sind eine individuelle Familie mit ihren eigenen Regeln und Vorstellungen. Leben Sie Ihr Leben und suchen nicht Bestätigung oder Anerkennung durch andere. Ansonsten enden Sie mit einem Leben, das Sie nicht glücklich macht und Ihnen ständig das Gefühl gibt, zu versagen und nicht genug zu sein.
Die Kindererziehung
Haben Sie sich schon einmal Ratgeber für Eltern durchgelesen? Ganz egal, welchen Ratgeber Sie wählen – nahezu jeder meint Ihnen erzählen zu können, wie Sie Ihr Kind erziehen sollen und, was Sie dabei alles nicht tun dürfen.
Da dieser Artikel auf einem Blog über Erziehung veröffentlicht wird, mögen Sie sich nun die berechtigte Frage stellen, worauf dieser Absatz hinaus möchte. Sicherlich ist es absolut legitim und auch wichtig, Eltern eine Hilfe zu geben, wenn sie nach ihr suchen. Suchen Eltern nach Tipps, Tricks und Ratschlägen, stellen Ratgeber und Blogartikel eine sehr gute und wertvolle Hilfe dar.
Vollkommen anders gestaltet sich das, wenn Menschen denken, sie hätten die Freiheit Eltern in ihre Erziehung rein zu reden. Vor allem in der heutigen Zeit, in der die gewaltfreie Erziehung eine wichtige und (zu Recht!) fundamentale Rolle spielt.
Natürlich stellt eine gewaltfreie Erziehung eine wichtige Grundlage für das späterer Leben des Kindes, aber auch für die aktuelle Eltern-Kind-Erziehung dar. Kritisch gestaltet sich dieser Ansatz jedoch, wenn er sich in eine Ideologie verwandelt.
Eltern machen es sich selbst nicht leicht. Jeden Tag gehen sie mit dem Gedanken ins Bett, dass sie sich in einer bestimmten Situation anders verhalten hätten müssen. Jeden Tag fragen sich Eltern, was sie besser machen können, um ihrem Kind noch besser und empathischer begegnen zu können.
All diese Fragen drängen Eltern nicht selten zu der Ansicht, dass sie zu nichts gut seien. Eine gewaltfreie Erziehung sollte zwar durchaus die Normalität darstellen, doch sie sollte Eltern nicht in die Rolle der „Bösen“ drängen, die sich Tag für Tag selbst niedermachen, weil sie vielleicht etwas lauter gesprochen oder einmal nicht korrekt auf die Bedürfnisse des Kindes eingegangen sind.
Wir sind alle menschlich. Wir machen alle Fehler! Alle Familien haben heutzutage Belastungen.
Lassen Sie sich jedoch von niemandem einreden, Sie seien schlechte Eltern und erziehen Ihr Kind schlecht. Solange Sie Ihr Kind respektieren und es mit Liebe und Geduld, sowie Empathie behandeln, können Sie es so schlecht nicht machen.
Geben Sie zu, wenn Sie Fehler machen und reden Sie mit ihrem Kind. Das ist sehr viel authentischer, als alles andere.
Die Arbeit
Bezüglich der Arbeit hat sich in den letzten Jahren einiges geändert. Frauen haben viel mehr Rechte erhalten, als dies vor wenigen Jahren noch der Fall war und gehen nun oft nach der Geburt des Kindes wieder arbeiten.
Und genau dieses Szenario zeigt wunderschön, dass Sie es – egal, wie Sie es machen – sowieso falsch machen.
- Sie gehen wieder arbeiten – Rabenmutter!
- Ihr Partner geht arbeiten – Sie lassen sich aber aushalten!
- Sie gehen arbeiten und Ihr Partner bleibt zu Hause – da haben Sie aber einen tollen „Mann“ zu Hause sitzen.
- Sie gehen beide arbeiten? – Und was ist mit dem armen, vernachlässigten Kind?
Sehen Sie das Problem? Menschen finden immer etwas, was Sie an anderen kritisieren können. Oft geschieht das, um sich nicht mit dem eigenen Dreck vor der eigenen Haustür beschäftigen zu müssen. Doch das muss Sie nicht interessieren. Sie leben Ihr Leben, so wie Sie sich das als Familie wünschen.
Natürlich leiden auch Männer unter diesen Anforderungen und Erwartungen, sowie Bewertungen und Verurteilungen der Gesellschaft. Aber vor allem Frauen gegenüber hegt die Gesellschaft viele Erwartungen und Verurteilungen.
Ein recht bekannter Spruch lautet:
Von Frauen wird erwartet, dass sie arbeiten, als hätten sie keine Kinder und, dass sie die Kinder erziehen, als würden sie nicht arbeiten.
Natürlich merken auch Männer von dieser Überforderung. Sie merken den Frust der Frauen und ihre Überforderung und fühlen sich somit auch überfordert und frustriert. Das wirkt sich allgemein auf die Familien und ihre Belastungen heutzutage aus.
Die Elternzeit
Ein weiterer Aspekt, der Familien in der heutigen Zeit belastet und, der direkt mit der Arbeit im Zusammenhang steht, stellt der Aspekt der Elternzeit dar. Elternzeit scheint, in den Augen der Gesellschaft, ein Privileg darzustellen, das nur Frauen vorbestimmt ist.
Papa nimmt die Elternzeit? – Das ist zwar erlaubt und einige Vätern nehmen das Angebot durchaus in Anspruch, doch die Gesellschaft impliziert weiterhin, dass die Kindererziehung hauptsächlich eine Sache der Frau sei. Ein Mann der sich in Elternzeit begibt trifft unter Umständen auf verurteilende Blicke der Kollegen oder muss sich vielleicht sogar mit Mobbing auf dem Arbeitsplatz herumschlagen.
Natürlich machen viele Väter äußerst positive Erfahrungen bezüglich ihrer Elternzeit. Leider berichten jedoch auch viele Väter von negativer Resonanz auf der Arbeit.
Auch hier gilt wieder: Wie Sie es machen, machen Sie es falsch.
Werden Sie sich darüber bewusst, dass Ihre Familie Ihre Angelegenheit ist. Sie bestimmen Ihr Familienleben. Es liegt in Ihrer Hand, welche Regeln Sie innerhalb der Familie aufstellen. Nur Sie entscheiden, welche Ratgeber Sie zur Hand nehmen, um sich bei bestimmten Fragen oder in gewissen Situationen Hilfe zu holen. Sie entscheiden, wie Sie die Belastungen, die Familien heutzutage haben, handhaben.
Ich schaffe das schon alleine!
Ein weiterer Grund, der Schuld daran ist, dass Familien heutzutage viele Belastungen haben, ist die Annahme, alles alleine schaffen zu müssen. Eben genau aufgrund der Tatsache, dass die Gesellschaft nicht unschuldig an der Überforderung der Familien ist, lehnen sich die Familien in gewisser Weise gegen sie auf.
Sprich: Sie wollen keine Hilfe annehmen und haben das Gefühl sich selbst beweisen zu müssen, es alleine zu schaffen.
Dabei vergessen viele jedoch den Spruch, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Es stellt keine leichte Herausforderung dar, Kind, Karriere und Zeit für sich selbst unter einen Hut zu bringen. So liebenswert und unendlich süß Kinder auch sein mögen – sie rauben Nerven und ab und zu brauchen Eltern einfach Zeit für sich als Paar oder Zeit für sich alleine.
Natürlich ist es schön zu wissen, dass Sie es auch alleine schaffen können. Die Gewissheit darüber, unabhängig und auf niemanden angewiesen zu sein, wirkt befreiend. Allerdings heißt das nicht, dass Sie keine Hilfsangebote annehmen dürfen.
- Sie dürfen Ihr Kind zu den Großeltern geben.
- Ein Babysitter darf sich ab und an um Ihr Kind kümmern, um Ihnen einen freien Abend zu ermöglichen.
- Ihr Kind darf in die Krippe gehen.
Sie dürfen sich um sich selbst kümmern und Hilfe annehmen. Sie müssen nicht die Familie sein, die alles unter einen Hut bekommt und nach außen hin die perfekte Bilderbuch-Familie darstellt.
Seien Sie offen und ehrlich mit sich selbst. Lassen Sie die Gesellschaft mit ihren Ansprüchen die Gesellschaft mit Ihren Ansprüchen sein. Prüfen Sie aber vor allem Ihre eigenen Ansprüche und Anforderungen an sich selbst.
- Welche Anforderungen haben Sie an sich?
- Was erwarten Sie von sich?
- Warum waren Sie das letzte Mal unzufrieden mit sich selbst?
- Was von all den Dingen, die Sie täglich machen, wollen Sie wirklich machen?
Die Frage nach dem „man“
Ein guter Trick, um für sich und auch in der Beziehung zu Ihrem Kind herauszufinden, ob Sie aus Ihrer Überzeugung heraus handeln oder versuchen Anforderungen der Gesellschaft zu befriedigen, stellt die „man“-Übung dar.
Wie oft nehmen Sie das Wort „man“ in dem Zusammenhang mit Verpflichtungen, Aufgaben und Verboten oder Regeln in den Mund?
- Das macht „man“ so.
- Das macht „man“ nicht.
- Etc.
Tauschen Sie nun einfach einmal dieses unpersönliche und generalisierende „man“ gegen das persönliche „ich“ aus. Sie reden nun nicht mehr davon, dass die Gesellschaft bestimmte Dinge verlangt oder als falsch ansieht, sondern Sie sprechen für sich.
Wie fühlt sich der Satz an, wenn Sie das „man“ durch „ich“ austauschen? Fühlt es sich richtig oder falsch an? Wenn es sich falsch anfühlt, ist das ein guter Hinweis darauf, dass Sie nicht aus Ihrer Überzeugung handeln, sondern sich von den Erwartungen der Gesellschaft unter Druck gesetzt fühlen.
Sie leben Ihr Leben für sich, nicht für die Gesellschaft. Schauen Sie mehr auf sich und auf Ihre Familie und leben Ihr Leben. Und, wenn dies aus den Augen nicht perfekt sein mag, trösten Sie sich einfach mit der Tatsache, dass niemand perfekt ist. Und selbst wenn – es wäre doch langweilig, wenn alles perfekt wäre, oder? Alle Familien haben heutzutage Belastungen – es kommt nur darauf an, wie Sie mit ihnen umgehen.