Alle Eltern wollen, dass es den eigenen Kindern gutgeht. Niemand möchte, dass sich Kinder verletzen oder schlechte Erfahrungen machen. Aus diesem Grund macht sich in vielen Eltern der Drang danach breit, die Kinder in eine Blase zu stecken und vor allem zu beschützen.
Natürlich steckt hinter diesem Verhalten das reine Bedürfnis des Wohlbefindens des Kindes. Doch, wie sagt ein Spruch so schön? – „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht!“
In der Tat führt zu viel Fürsorge, zu viel Angst und somit auch zu viel Vorsicht oft dazu, dass sich Kinder eingeengt fühlen und sich nicht so entwickeln können, wie sie wollen. Eltern, die Kinder zu sehr umsorgen und sie in Watte packen tragen oft den Namen „Helikoptereltern“. In diesem Artikel erfahren Sie mehr darüber, was Helikoptereltern überhaupt sind und wieso es besser ist, Kinder eigene Erfahrungen sammeln zu lassen.
Der Begriff der Helikoptereltern
Zunächst einmal stellt sich natürlich die Frage danach, worum es sich bei Helikoptereltern überhaupt handelt. An und für sich ist der Begriff sehr gut gewählt. Denn, Helikoptereltern kreisen wie ein Helikopter ständig um ihre Kinder herum und verlieren sie kaum aus den Augen.
Das liegt daran, dass sie Angst davor haben, die Kontrolle zu verlieren und durch ihre ständige Anwesenheit sicherstellen, die Kontrolle zu behalten. Dieses Verhalten beschränkt sich dabei nicht nur auf ausgewählte Bereiche des täglichen Lebens. Vielmehr zieht es sich wie ein roter Faden durch das ganze Leben, sodass Helikoptereltern immer überall dabei sind und bestens Bescheid wissen.
Dabei ist es vollkommen egal, ob es sich um:
- Kindergarten
- Schule
- Aktivitäten in der Freizeit
- Freundschaften
handelt – Helikoptereltern wissen immer bestens Bescheid und sind immer vor Ort, um sicherstellen zu können, dass das Kind keiner Gefahr ausgesetzt ist oder auf kein Hindernis trifft.
Von außen betrachtet mischen sich Helikoptereltern permanent in das Leben des Kindes ein. Sie haben keinen anderen Lebensinhalt als die Kinder, weshalb sich alles nur um das Kind und sein Wohl dreht.
Viele Menschen denken nun, dass es vollkommen normal ist, Angst um seine Kinder zu haben. Sicherlich haben Eltern Angst um ihre Kinder. Doch diese Angst beginnt in der Regel mit der Schwangerschaft und hört nie auf. Wie sagt man so schön? – Eltern tragen einen Teil ihres Herzens in ihren Kindern. Eltern werden sich immer um ihre Kinder sorgen. Dennoch ist es wichtig, dass Sie Kindern Freiheit ermöglichen und ihnen die Chance geben, zu wachsen und Erfahrungen zu sammeln.
Das heißt nicht, dass Sie waghalsigen Aktivitäten zustimmen müssen, sondern, dass Sie innerhalb eines geschützten Rahmens zulassen, dass das Kind eigene Erfahrungen macht. Dazu gehört auch, dass es mal von der Schaukel fällt, sich am Klettergerüst das Knie aufreibt oder Sand in die Augen bekommt.
Durch dieses Verhalten zeichnen sich Helikoptereltern aus
Es steht außer Frage, dass Kinder geschützt, sicher, mit Fürsorge und viel Liebe aufwachsen sollen. Doch es besteht ein sehr großer Unterschied zwischen einer fürsorglichen Erziehung und einer ständigen Anwesenheit der Eltern bei jedem Schritt des Kindes.
In der Tat zeichnen sich Helikoptereltern unter anderem durch die folgenden Verhaltensweisen aus:
- Sie weichen dem Kind nicht von der Seite und sind ständig anwesend. So warten sie unter Umständen vor dem Sportverein oder der Musikschule, bis die Stunde um ist, um das Kind direkt in Empfang nehmen zu können.
- Nicht selten mischen sie sich bezüglich der schulischen Leistungen ein und suchen das Gespräch mit den Lehrern.
- Jeder Wunsch des Kindes stellt einen Befehl dar. Sofern es Helikoptereltern möglich ist, erfüllen sie dem Kind jeden Wunsch.
- Eltern entscheiden mitunter, welche Freunde das Kind hat.
- Das Leben der Eltern dreht sich nur um das Kind. Sprich: Das Kind steht immer und permanent im Mittelpunkt.
- Helikoptereltern nehmen ihrem Kind alle Aufgaben ab und verlangen von ihm auch keine Mitarbeit im Haushalt und im Alltag.
- Sobald das Kind in Situationen gerät, in welchen es sich selbst behaupten soll und über sich hinauswachsen kann, greifen Eltern ein. Aufgrund der Angst, dass etwas passieren könnte, lassen Sie die Situation nicht zu.
- Statt das Kind mit anderen Kindern auf dem Spielplatz toben und spielen zu lassen, bevorzugen es Helikoptereltern selbst mit ihrem Kind zu spielen.
- Oft stellen Helikoptereltern auch sehr hohe Ansprüche an die Kinder. Sie wollen so sicherstellen, dass es einen guten Schulabschluss macht und somit eine gute Voraussetzung hat, um später ein erfolgreiches Leben zu führen.
Viele der Verhaltensweisen der Helikoptereltern stehen dem Wunsch danach, dass das Kind später einmal ein glückliches und erfolgreiches Leben führt, im Weg.
Denn, um ein erfolgreiches und glückliches Leben führen zu können, müssen Kinder:
- Selbstbewusstsein haben
- den Umgang mit allen Gefühlen (negativ und positiv) beherrschen
- selbstständig Lösungen finden können
- mit anderen Menschen interagieren können und über Empathie verfügen
- den eigenen Selbstwert kennen
Doch genau diese wichtigen Aspekte nehmen Helikoptereltern ihren Kindern. Durch ihre überängstliche Überfürsorge nehmen sie ihnen die Chance darauf Selbstbewusstsein zu entwickeln und Strategien zu entwickeln, um mit negativen Situationen und Gefühlen umgehen zu können.
Alles in allem bringt es der Begriff „Überfürsorge“ sehr gut auf den Punkt. Helikoptereltern sind nicht einfach fürsorglich und kümmern sich um das Wohl des Kindes, sondern sie sind überfürsorglich. Zu viel des Gutes ist eben auch einfach zu viel.
Schaden Helikoptereltern ihren Kindern?
Helikoptereltern wollen das Beste für ihre Kinder. Dabei merken sie nicht, dass sie die Kinder eigentlich zu sehr erdrücken und ihnen sehr viel Druck aufhalsen. Sie erreichen also genau das Gegenteil von dem, was sie für ihre Kinder wollen.
Denn mit ihrem Verhalten provozieren Eltern bei ihren Kindern, aber auch bei sich selbst folgende negative Aspekte:
Perfektionismus | Durch den Stress und den Druck, den Kinder von den Eltern spüren, neigen sie später selbst zum Perfektionismus. Auch Helikoptereltern selbst sind oft Perfektionisten. |
Angst und Panik | Oft handeln Helikoptereltern überfürsorglich, weil sie Angst davor haben, dass den Kindern etwas passieren könnte. Dadurch, dass die Eltern ständig vor kleinsten Gefahren warnen und es nie eigene Erfahrungen machen lassen, überträgt sich diese Angst oft auch auf das Kind. Das Resultat sind nicht selten Angst- und Panikattacken im Jugend- und/oder Erwachsenenalter. |
Mangelndes Selbstvertrauen | Wenn Kinder keine eigenen Erfahrungen sammeln dürfen, weil sie zu riskant und gefährlich sind, können sie sich auch nie selbst behaupten. Aus diesem Grund leiden Kinder von Helikoptereltern oft unter einem sehr geringen Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen. |
Mangelnde Empathie und soziale Kompetenz | Kinder von Helikoptereltern spielen kaum alleine mit anderen Kindern und gehen auch nicht alleine in Vereine oder zu anderen Veranstaltungen. Damit nehmen sie dem Kind wichtige Erfahrungen, die dazu beitragen mit Konflikten umzugehen und soziale Kompetenzen zu lernen. |
Alles in allem nimmt das Verhalten der Helikoptereltern keinen positiven Einfluss auf das Leben der Kinder. Umso wichtiger ist es also den Spagat zwischen Loslassen und Fürsorge zu schaffen. Natürlich fällt das nicht leicht. Es fällt nicht leicht, das Kind seinen eigenen Weg gehen und seine eigenen Erfahrungen sammeln zu lassen.
Doch für ein späteres glückliches und selbstbestimmtes, sowie erfolgreiches Leben spielt genau dieser Spagat eine wichtige Rolle.
Der Spagat zwischen Fürsorge und Loslassen
Einen Spagat zwischen Fürsorge und Loslassen zu machen, bedeutet, die Kinder in angemessenen Situationen zu schützen und in diesem Fall gegebenenfalls auch einzugreifen und in anderen Situationen seine eigenen Erfahrungen sammeln zu lassen.
Um ein Beispiel zu nennen:
Die Schule befindet sich nur wenige Minuten von Ihnen entfernt. Ihr Kind kennt den Weg und auch alle anderen Schulkinder laufen morgens alleine in die Schule.
Nun ist es vollkommen normal, dass sich in Ihnen ein mulmiges Gefühl breitmacht, wenn Ihr Kind den Wunsch äußert, alleine in die Schule zu gehen. Dieses mulmige Gefühl werden Sie, wie schon weiter oben erwähnt, vermutlich Ihr ganzes Leben lang in sich tragen. Der Spagat zwischen:
- Ja mach einfach und geh zu Fuß und
- Ne ne, ich bring dich zur Schule und hole dich auch wieder auf
könnte nun so aussehen:
Sie gehen die ersten Male mit Ihrem Kind den Weg zur Schule und wieder nach Hause, um sicherzustellen, dass es den Weg wirklich gut kennt. Die ersten Male, die das Kind alleine geht, gehen Sie mit einem großen Abstand hinter ihm her und vergewissern sich, dass es den Schulweg alleine mit seinen Klassen- und Schulkameraden bestreiten kann. Anschließend lassen Sie Ihr Kind vollkommen alleine das Haus verlassen.
Was macht Helikoptereltern das Loslassen so schwer?
Sogenannte Helikoptereltern umkreisen ihre Kinder nicht aus Spaß oder aus Langeweile. Hinter dem Verhalten stecken Ängste oder vielleicht auch persönliche Erfahrungen, die zu dieser großen Angst und dem nicht wiederstehbaren Drang nach der Überfürsorge führen.
Natürlich haben alle Helikoptereltern unterschiedliche Gründe für das Verhalten, doch einige der bekanntesten Gründe sind die Folgenden:
- Die Sicht auf die Welt ist negativ. Alle Menschen sind schlecht, hinter jeder Ecke lauert eine Gefahr! Katastrophen-Szenarien allà Steven Spielberg spielen sich in Dauerschleife vor dem inneren Auge der Eltern ab. Natürlich leben auf der Welt Menschen, die Kindern nichts Gutes wollen, doch in diesem Fall liegt es in Ihrer Verantwortung, Ihr Kind entsprechend zu schützen. Das geschieht jedoch nicht, indem Sie es in Watte packen, sondern in dem Sie mit ihm sprechen. Weisen Sie es darauf hin, nicht mit fremden Menschen mitzugehen, geben Sie ihm vielleicht ein Handy, mit dem es Sie immer erreichen kann und achten Sie darauf, dass es gemeinsam mit anderen Kindern unterwegs ist, wenn es den Schulweg ohne Sie bestreitet. Schaffen Sie sichere Rahmenbedingungen.
- Viele Ansprüche führen zu Überforderung. Bei der Kindererziehung haben viele Eltern aufgehört auf ihr Bauchgefühl zu hören. Stattdessen suchen sie Rat in Ratgebern und auf Foren, auf denen sie sich mit anderen Eltern austauschen. Das ist an und für sich nicht schlecht – doch durch die vielen verschiedenen Meinungen und Ratschläge bekommen Eltern schnell das Gefühl nicht gut genug zu sein und setzen sich somit selbst unter Druck. Unter Umständen führt das dann zu einer Überfürsorge des Kindes.
- Die Nachrichten rufen Angst in den Eltern hervor. Da immer wieder von Verbrechen gelesen und gehört werden kann, machen sich Eltern natürlich Sorgen um das Kind. Doch, wie bei dem ersten Stichpunkt ist es auch hier wichtig, mit dem Kind zu sprechen und es auf die Welt vorzubereiten, statt es vor der Welt schützen zu wollen. Ihr Kind muss in der Welt bestehen können, was nur möglich ist, wenn Sie ihm die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen.
Wenn Sie bei sich selbst merken, dass Sie dazu neigen, zu überfürsorglich mit Ihrem Kind zu sein, sollten Sie das als Anlass nehmen, um der Ursache auf den Grund zu kommen. In einigen Fällen hilft Helikoptereltern auch eine Therapie, um besser mit ihren Gefühlen und persönlichen Situationen umgehen zu können.
Fragen, die sich Helikoptereltern stellen können
Dass Helikoptereltern zu Helikoptereltern werden, liegt oft an den Eltern selbst. Ihre Einstellung, Erfahrungen und Ängste haben in der Regel einen Ursprung. Um feststellen zu können, ob Sie selbst zu sehr an Ihrem Kind klammern und es möglicherweise in seiner Entwicklung negativ beeinflussen, können Sie sich einige Fragen stellen:
- Was macht mir Angst und woher kommt diese Angst?
- Gebe ich Ängste unbewusst an mein Kind weiter?
- Binde ich mein Kind durch meine Ängste an mich?
- Nehme ich meinem Kind die Chance auf eigene Erfahrungen durch meine Angst? Denken Sie auch immer daran, dass Menschen nicht aus den Erfahrungen anderer Menschen, lernen können. Vielmehr müssen sie die Erfahrungen selbst machen.
Was können Sie machen?
Es fällt nicht leicht, das eigene Kind loszulassen und zu akzeptieren, dass es auch negative Erfahrungen machen darf und sollte. Viele Helikoptereltern haben zudem die Angst davor, dass etwas Schlimmes passieren könnte und kommen nicht aus dem Katastrophendenken raus.
Wichtige Schritte, die eine wichtige Rolle spielen, um Kinder gut auf das Leben vorbereiten und eine gute Balance finden zu können, könnten unter anderem die Folgenden sein:
- Eine Therapie machen und herausfinden, welche Grund hinter der permanenten und großen Angst um das Kind steckt.
- Selbstständigkeit fördern und das Kind eigene Aufgaben übernehmen lassen. Zudem darf das Kind eigene Erfahrungen sammeln.
- Balance zwischen Fürsorge und Loslassen finden. Sie dürfen und müssen Ihr Kind umsorgen und schützen, dürfen es jedoch nicht daran hindern, eigene Erfahrungen zu machen und sich zu entwickeln.
- Respektieren Sie die Wünsche Ihres Kindes bezüglich Freizeitaktivitäten, Freundschaften, etc.
Rufen Sie sich dabei auch immer wieder den wichtigen Aspekt in den Hinterkopf, dass Sie nur einen begrenzten Einfluss auf das Leben Ihres Kindes hat. Ihr Kind wird irgendwann seinen eigenen Weg gehen. In vielen Fällen rebellieren Kinder von Helikoptereltern irgendwann gegen sie, weil sie sich eingeengt und fremdbestimmt fühlen. Darunter leidet nicht selten die Beziehung der Eltern zu den Kindern.
Lassen Sie zu, dass das Kind eigene Erfahrungen macht, seine Gefühle kennenlernt und ausfliegt. Vertrauen Sie darauf, dass es zu Ihnen kommt, wenn es Ihre Nähe braucht und konzentrieren Sie sich darauf, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Kind ein freies und dennoch geschütztes Aufwachsen erlauben.
Nur so wachsen Ihre Kinder zu selbstständigen, selbstbewussten und glücklichen Menschen heran.