Die Neurowissenschaft fassen alle geistigen Prozesse, die die Gefühle und die Aufmerksamkeit gezielt steuern, unter dem allgemeinen Begriff „exekutive Funktionen“ zusammen.
Doch, was genau dürfen Sie sich nun darunter vorstellen? Was können Sie unter dem Arbeitsgedächtnis, der Inhibition und der kognitiven Flexibilität verstehen, die allesamt eine Rolle bezüglich der exekutiven Funktionen spielen?
Vielleicht hat haben Sie im Rahmen der Kindererziehung bereits über die Wichtigkeit der Selbstregulation gelesen. Für Kinder spielt es eine sehr große und wichtige Rolle, sich diese Fähigkeit anzueignen. Denn nicht nur sie selbst profitieren von einer guten Selbstregulierung. Eine gute Selbstregulation stellt eine wichtige Basiskompetenz für das Bestehen in der heutigen Gesellschaft dar.
Eine umso wichtigere Rolle spielen deshalb die exekutiven Funktionen. Was dieser Begriff nun genau umfasst und wie Sie diese Funktionen bei Kindern gezielt fördern können, erfahren Sie hier.
Der Begriff der exekutiven Funktionen
Wie schon gesagt, findet der Begriff selbst seinen Ursprung in den Neurowissenschaften. In diesem Bereich beschreibt er alle geistigen Fähigkeiten, die Ihnen dabei helfen Ihre Emotionen und Gedanken, sowie Ihr Handeln zu steuern. Das Zentrum all dieser Funktionen sitzt dabei im Präfrontalen Cortex, der unter anderem auch die Bezeichnung „Stirnhirn“ trägt.
Sie können sich diesen Bereich in etwa als Dirigenten eines großen Orchesters vorstellen. Der Präfrontale Cortex dirigiert die wichtigsten Bestandteile der exekutiven Funktionen:
- Das Arbeitsgedächtnis
- Die Inhibition
- Die kognitive Flexibilität
Zwar stellen diese drei Bereiche einen wichtigen Bestandteil der exekutiven Funktionen dar, allerdings handelt es sich bei ihnen um drei voneinander unabhängige Systeme.
Sie verbinden die Gemeinsamkeiten:
- von dem Präfrontalem Cortex als Dirigenten gesteuert zu werden.
- Menschen zu der Selbstregulation zu befähigen.
Doch, welche Aufgabe erfüllen diese drei voneinander unabhängig zu betrachtenden Systeme? Wie tragen sie zu der Selbstregulierung des Menschen bei?
Das Arbeitsgedächtnis
Das erste System, das bezüglich der exekutiven Funktionen eine fundamentale Rolle spielt, stellt der Bereich des Arbeitsgehirns dar. Dieses speichert Informationen und verarbeitet sie im Anschluss daran weiter. Sie können sich dieses sozusagen als mentalen Notizblock vorstellen, der Ihnen dabei hilft:
- Regeln zu merken
- Kopfrechenaufgaben durchzuführen
- Pläne aufzustellen
- Komplexe Denkvordenke mit bereits vorhandenem Wissen zu verbinden
Zusammengefasst gesagt speichert das Arbeitsgedächtnis also kurzfristig wichtige Informationen, wie Zahlen, Zwischenergebnisse, Wörter und Objekte und verarbeitet sie im Anschluss daran weiter. So stehen sie Ihnen immer dann zur Verfügung, wenn Sie sie brauchen.
Die Inhibition
Bevor nun genauer darauf eingegangen wird, was Sie sich unter der Inhibition vorstellen dürfen, gilt es, den Begriff zu bestimmen. Der Begriff der Inhibition selbst bedeutet nichts weiteres als „Hemmung“. Dieser Bereich der exekutiven Funktionen trägt die wichtigen Aufgaben:
- Spontane Handlungsimpulse zu hemmen
- Störreize auszublenden
Stellen Sie sich die Inhibition, wenn Sie so wollen, als mentales Stoppschild vor, was ganz nach dem Motto „Erst denken, dann handeln oder sprechen“ agiert. Es hilft dabei zu verhindern, dass Sie unbedacht handeln oder Ihnen Worte wahllos aus dem Mund rutschen, was Sie anschließend bereuen.
Somit spielt die Inhibition vor allem bezüglich des sozialen Verhaltens anderen Menschen gegenüber eine wichtige Rolle. Da Handlungen und Konversationen Hand in Hand mit Emotionen gehen, stellt die Inhibition eine sehr wichtige Grundlage für die Regulation der Emotionen dar.
Wenn ein Schulkind beispielsweise vor einer schweren Aufgabe sitzt und sich zu derselben Zeit in einer nicht leisen Geräuschkulisse befindet, hilft die Inhibition gleich auf zwei Seiten:
- Das Schulkind schafft es die Störung durch den Lärm auszublenden und sich auf die Aufgabe zu konzentrieren.
- Selbst, wenn ihm die Aufgabe nicht direkt gelingt, schafft es das Kind nicht direkt aufzugeben und sich weiterhin auf die Bewältigung der Aufgabe zu konzentrieren.
Die kognitive Flexibilität
Die dritte wichtige exekutive Funktion stellt die sogenannte kognitive Flexibilität dar. Sie befindet sich an der dritten und somit letzten Stelle, da sie mit ihrer Funktion auf den anderen beiden exekutiven Funktionen – dem Arbeitsgedächtnis und der Inhibition – aufbaut. Mit ihrer Funktionsweise hilft die kognitive Flexibilität dabei:
- Sich auf neue Anforderungen einstellen zu können.
- Außerhalb der gewohnten Verhaltensmuster handeln zu können.
Zusammengefasst spielt die kognitive Flexibilität bezüglich des flexiblen Handelns eine wichtige Rolle. Dank ihr fällt es Ihnen leichter sich nicht auf starre Muster festzufahren und allgemein flexibel handeln zu können.
Das fasst auch eine flexible Betrachtungsweise einer Situation aus verschiedenen Sichtwinkeln und die Fähigkeit der Empathie in sich ein. Diese Flexibilität stellt dabei eine wichtige Voraussetzung für soziales Handeln dar.
Die Entwicklung der exekutiven Funktionen
Fragt man Jugendliche und junge Erwachsene nach ihrer Selbsteinschätzung, schätzen sich sehr viele als recht selbstregulierend und sozial kompetent ein. Das mag zwar durchaus stimmen, allerdings schließt sich die Entwicklung des Präfrontalen Cortex und folglich auch der exekutiven Funktionen erst in dem Alter von circa 25 Jahren vollkommen ab.
Zudem entwickeln sich die drei Bereiche der exekutiven Funktionen nicht gleichzeitig, sondern in jeweils anderen Geschwindigkeiten und zu anderen Zeitpunkten.
Mal entwickelt sich das Arbeitsgedächtnis weiter, Mal macht die Inhibition einen großen Entwicklungssprung und ein wieder anderes Mal durchläuft die kognitive Flexibilität eine wichtige Entwicklung.
Wichtige Entwicklungsschritte
Während sich der Abschluss der Entwicklung der exekutiven Fähigkeiten erst recht spät manifestiert, startet er sehr früh. Bereits im ersten Lebensjahr von Babys entwickeln sich einige der exekutiven Funktionen:
Sechs Monate | Säuglinge reagieren bereits im Alter von sechs Monaten auf Impulse, wie zum Beispiel auf das Wort „Nein“. Sie halten einen Moment inne und stoppen ihr Handeln. Das weist bereits darauf hin, dass sich die exekutiven Funktionen in der Entwicklung befinden. |
Erstes Lebensjahr | Bereits im ersten Lebensjahr zeichnet sich ein Säugling durch eine kognitive Flexibilität aus. So wählt er beispielsweise einen alternativen Weg, wenn er nicht direkt zu seinem gewünschten Ziel gelangt. |
Ab dem 3. Lebensjahr | Vor allem das Arbeitsgedächtnis entwickelt sich ab dem dritten Lebensjahr eines Kindes rasant weiter und verbessert sich bis in das Grundschulalter enorm. Während sich das Kind im Grundschulalter bereits Informationen merken und diese auch weiterverarbeiten und abrufen kann, nimmt die Speicherkapazität weiterhin zu. Wie schon gesagt nimmt diese Ausweitung der Speicherkapazität bis zu ganze 25 Jahre in Anspruch. |
Zwischen 3 und 7 Jahren | Experten entdecken bei Kindern in diesem Zeitraum eine besonders rasante Entwicklung der exekutiven Funktionen. |
Zwischen 4 und 5 Jahren | Ab dem Alter von 4 oder 5 Jahren verfügen Kinder bereits über die Fähigkeit, sich zu hemmen und die Befriedigung eines Wunsches oder eines Verlangens aufzuschieben. |
12 Jahre | Mit dem Alter von 12 Jahren verfügen Kinder über die Fähigkeit sich auf dem Niveau eines Erwachsenen zu hemmen, wenn es um Wünsche geht, die nach einer Aufschiebung verlangen. |
Der Perspektivwechsel
Die Fähigkeit des Perspektivwechsels stellt einen wichtigen Bestandteil der kognitiven Flexibilität dar. Gemeinsam mit den exekutiven Funktionen entwickelt sich auch dieser Teil immer weiter und erfährt in dem Laufe der Jahre bestimmte Entwicklungssprünge:
Drei Jahre | Mit drei Jahren ahnen Kinder bereits, dass nicht alle Menschen ihre Gedanken und Ansichten teilen, sondern sich durch andere Ansichten auszeichnen. Sie erfahren auch, dass sich andere Kinder (in der Regel kleinere Kinder) nicht auf ihrem aktuellen Wissensstand befinden. |
Vier Jahre | Das Bewusstsein darüber, dass sich das Denken und die Wirklichkeit oft voneinander unterscheiden, setzt bei Kindern ab dem Alter von 4 Jahren an. Zu diesem Zeitpunkt ist dieses Bewusstsein keinesfalls abgeschlossen – es entwickelt sich immer weiter. |
Innerhalb des Zeitraums des dritten und des vierten Lebensjahres durchlaufen viele Kinder eine sogenannte „instabile Phase“. Vielleicht kennen Sie die instabilen Phasen eines Kindes, wenn es gerade einen Entwicklungs- und/oder Wachstums-Schub durchläuft. Obwohl es körperlich und/oder mental wächst, stellt dieser Zeitraum genau den Zeitpunkt der Instabilität dar.
Kinder müssen sich erst an den Schub gewöhnen und reagieren auf die Entwicklung somit mit einem instabilen Verhalten – Mal zeigen sie Verständnis, mal nicht.
Die exekutiven Fähigkeiten und ihre Bedeutung
Die exekutiven Fähigkeiten spielen in dem Leben eines Menschen eine sehr wichtige und fundamentale Rolle. Vor allem in dem Bezug auf den Spieleintritt spielen sie eine nicht zu unterschätzende Rolle. Während der gesamten Schulzeit nehmen sie einen ebenso hohen Stellenwert, wie der IQ ein und dienen als Bewertungsmaße, um festzustellen, ob sich ein Kind altersgerecht entwickelt, oder ob möglicherweise ein Problem vorliegt.
So weisen einige Probleme oft auf schlecht ausgeprägte exekutive Funktionen hin. Unter diese Probleme und Störungen fallen unter anderem:
- ADS oder ADHS
- Konzentrationsprobleme
- Dyskalkulie
- Lese- und Rechtschreibschwäche
Nicht immer weisen Kinder eine mangelnde Motivation auf, wenn sie auf Probleme bezüglich des Lernens treffen. In einigen Fällen befindet sich an der Quelle der Probleme ein Defizit, das sich im Bereich der Selbstregulation manifestiert.
Hinweise, die für nicht altersgemäß ausgeprägte und entwickelte exekutive Funktionen sprechen, stellen die Folgenden dar:
- Das Umschalten von einem Fach auf das Andere fällt schwer.
- Die Wiederaufnahme der Konzentration auf den Unterricht fällt nach einer Unterbrechung (Pause) schwer.
- Schüler vergessen Dinge, die sie erst einen Moment zuvor gehört haben, direkt wieder.
- Die Konzentration gelingt oft nicht.
- Ablenkungen lenken Schüler direkt ab, da sie es nicht schaffen sie auszublenden.
Die Förderung der exekutiven Funktionen
Wie Sie nun wissen, spielen die exekutiven Funktionen nicht nur in der Schule, sondern auch allgemein im Leben der Menschen eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund bestehen diesbezüglich sehr viele wichtige und interessante Möglichkeiten der Förderung. Finden Sie unter dem breiten Angebot unterschiedlicher Spiele und Förderungsmöglichkeiten das, was dem Kind Freude bereitet.
Förderung erfüllt ihren Sinn und Zweck nur dann, wenn sich ein Kind nicht unter Druck gesetzt fühlt. Fühlt sich ein Kind zur Förderung gezwungen und findet diese gegen den Willen des Kindes statt, führt sie mit Sicherheit nicht zu dem Erfolg, den eine spaßige und freiwillig in Anspruch genommene Förderung mit sich bringt.
Unter all den vielen Förderungsmöglichkeiten, die Kinder in der Entwicklung der exekutiven Funktionen helfen, finden sich unter anderem die folgenden Spiele und Übungen wieder:
Ab drei Jahren | Rollenspiele Das Spielen von Brett- und Kartenspielen Das Kind Geschichten erzählen lassen Singen Zuordnungs- und Sortieraufgaben |
Ab 7 Jahren | Das Spielen von Brett- und Kartenspielen Teilnahme am Vereinssport Singen, Tanzen oder ein Instrument spielen Kreuzworträtsel oder Sudoku |
Achten Sie, ganz egal auf welche Förderungsmöglichkeit Sie zurückgreifen immer darauf, das Kind nicht zu überfordern und nicht zu zwingen. Zudem handelt es sich bei den Punkten aus der Tabelle lediglich um eine Übersicht. Für die Förderung der exekutiven Funktionen stehen Ihnen noch viele weitere Förderungsmöglichkeiten zur Verfügung.