Kinder zu haben und zu erziehen bedeutet eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Natürlich bedeuten Kinder unendliche Liebe, Spiel und Spaß, doch sie bedeuten zu derselben Zeit auch Verantwortung, Grenzen und Überschreiten der Grenzen.
Eine der Grenzüberschreitungen, die Sie als Eltern auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen dürfen, ist das Beißen. Nicht selten kommt es vor, dass Kinder ihre Eltern beißen. Natürlich führt das zu verschiedenen Gefühlen und Fragen, weshalb es wichtig ist, sich etwas intensiver mit dem Thema auseinander zu setzen.
Denn, wie Sie mit Sicherheit wissen, machen kleine Babys und Kinder ihre ersten Kontakte zu ihrer Umwelt mit dem Mund. Sie nehmen die Dinge in den Mund und kernen sie somit kennen. Somit stellt das Beißen zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben Ihres Kindes einen ganz normalen Schritt der Entwicklung dar. Doch, ab wann sollten Sie sich intensiver mit dem Beißen Ihres Kindes beschäftigen und eine Lösung für dieses Verhalten suchen? Was steckt hinter dem Beißen? Warum beißen Kinder ihre Eltern?
Kleiner Spoiler am Anfang: Wenn Kinder ihre Eltern beißen steckt in der Regel keine Bösartigkeit dahinter. Vielmehr nutzen sie das Beißen als Mittel der Kommunikation
Auf all diese Fragen, die sich Eltern in dem Fall eines beißenden Kindes stellen, gibt dieser Artikel eine Antwort.
Darum beißen Kinder – ein normaler Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes?
So komisch es sich im ersten Moment auch anhören mag – das Beißen gehört tatsächlich mit zur Entwicklung eines Kindes dazu. Denn, wie schon gesagt, entdecken Babys und Kleinkinder ihre Umwelt in aller erster Linie mit dem Mund. Das liegt an der Tatsache, dass sich die anderen Sinne mit der Zeit erst noch entwickeln müssen.
Wussten Sie, dass ein Kind direkt nach der Geburt kaum etwas sehen kann?
Aus diesem Grund stellt das Erkunden der Umwelt mit dem Mund einen sehr wichtigen und fundamentalen Bestandteil in der Entwicklung Ihres Kindes dar.
An und für sich tritt das Beißen bei Kleinindern innerhalb des Zeitraums von ein bis drei Jahren auf. Diese Altersspanne zeichnet sich durch viele körperliche, aber auch mentale Entwicklungsschritte aus und geht somit mit vielen Entdeckungen einher.
Unter anderem lernt Ihr Kind innerhalb dieses Zeitraums die folgenden Dinge:
- Ausbau der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit. Der Wortschatz des Kindes erweitert sich.
- Kennenlernen und Kontrollieren neuer Emotionen.
- Perspektivübernahme und Erkenntnis, dass nicht nur die eigenen Bedürfnisse eine Rolle spielen, sondern dass auch andere Menschen im Umfeld valide Wünsche und Bedürfnisse haben.
Wie Sie sehen prägen viele spannende Entwicklungsschritte diesen Zeitraum. Da bedeutet nicht nur, dass Ihr kleines Baby nach und nach zu einem Kleinkind heranwächst. Es bedeutet auch eine große Herausforderung für Ihr Kind.
So viele Entwicklungen in einem recht kleinen Zeitraum zu machen, bedeutet viel Arbeit, Kraft und Aufwand. Zudem geht die Entwicklung Ihres Kindes auch immer Hand in Hand mit Frust. Denn nicht immer gelingen Vorhaben direkt und führen zu Wut und Frust. Nicht umsonst findet innerhalb des genannten Zeitraums auch die bekannte Trotzphase statt.
Beißen Kinder ihre Eltern als Übersprunghandlung?
Wenn ein Kind überfordert ist oder Emotionen spürt, die es zuvor noch nicht oder zumindest noch nicht in dieser Wucht gefühlt hat, weiß es oft nicht, wie es sich verhalten soll. Das trifft interessanterweise nicht nur auf negative, sondern auch auf positive Gefühle, wie Glück, Freude und Liebe zu.
Viele Eltern berichten davon, während des Kuschelns von ihren Kindern gebissen zu werden.
Grund dafür ist eben der genannte Umstand, dass die Kinder nicht wissen, wie sie mit den Gefühlen umgehen sollen. Aus diesem Grund dient das Beißen in diesem Fall als Übersprunghandlung. Sie stellt eine Alternative dar und hilft dabei, etwas zu machen, wenn Kinder nicht wissen, was sie machen sollen.
Damit klärt sich für viele Eltern auch die Frage danach, ob hinter dem Beißen immer ein aggressives Verhalten steckt. Die Antwort lautet ganz klar und deutlich „Nein“. Nicht immer steckt das Beißen des Kindes im Zusammenhang mit einem aggressiven Verhalten. Vor allem als sehr kleines Kind ist es sich nicht bewusst darüber, dass es anderen Menschen mit seinem Verhalten Schmerzen zufügt.
Dass es sich beim Beißen in vielen Fällen um eine Übersprunghandlung handelt, bedeutet aber nicht, dass Sie es einfach so hinnehmen müssen und nichts dagegen unternehmen sollten.
Warum beißen Kinder ihre Eltern beim Stillen?
Viele Frauen, die ihre Babys stillen, berichten ab und an davon, während des Stillens von dem Kind in die Brust gebissen zu werden. Was steckt dahinter? Findet es das Baby lustig, die Mama zu beißen? In einer gewissen Weise ja. Das Baby findet allerdings nicht das Beißen direkt, sondern vielmehr die Reaktion von Mama lustig oder interessant.
Ein lautes Schreien oder hohes Quietschen, wenn das Baby zubeißt, amüsiert es nicht selten, was auch dazu führt, dass Kinder in die Brust beißen.
Ein weiterer Grund für das Beißen kann aber auch das Wachsen der Zähne sein. Während das Baby an der Brust trinkt, massiert es sich durch das Beißen das Zahnfleisch und verschafft den Schmerzen somit etwas Linderung.
Doch das bedeutet nicht, dass Sie sich opfern und sich von Ihrem Baby beißen lassen müssen. Es gibt ausreichend Alternativen und es ist wichtig, dass Sie Ihrem Baby direkt von Anfang an klarmachen, dass Beißen nicht in Ordnung ist – ganz egal, aus welchem Grund auch immer es erfolgt.
Beißen als Selbstwirksamkeitsbestätigung
Wie es der Abschnitt weiter oben zeigt, können Kinder unter anderem Beißen, um eine Reaktion von Ihnen zu erhalten. Das stellt einen vollkommen normalen Schritt in der Entwicklung eines Kindes dar. Ihr Kind lernt, dass es eine Auswirkung auf andere Menschen hat und mit seinem Verhalten bestimmte Reaktionen provozieren kann.
Was können Eltern machen, wenn das Kind beißt?
Wenn Sie von Ihrem Kind gebissen werden, setzt das verschiedene Gefühle bei Ihnen in Gang. In der Regel sind diese Gefühle nicht positiv, weshalb Sie sich natürlich nicht nur die Frage stellen, warum Kinder ihre Eltern beißen. Sie stellen sich auch die Frage, wie Sie am besten auf das Beißen Ihres Kindes reagieren.
Zunächst einmal ist es wichtig, dass Sie das Beißen nicht als:
- fehlerhaftes Verhalten
- elterliches Versagen
ansehen, sondern dass Sie sich bewusst machen, dass viele Umstände dazu führen können, dass Kinder beißen.
Führen Sie sich auch immer wieder vor Augen, dass Ihr Kind nicht immer bewusst beißt. Selbst, wenn es Sie bewusst beißt, heißt das nicht, dass es Sie bewusst verletzen möchte.
Kinder und die Empathie
Möglicherweise fällt es Ihnen schwer der Aussage zu glauben, dass Kinder Eltern nicht vorsätzlich mit dem Beißen verletzen wollen. Um besser verstehen zu können, dass sich Ihr Kind nicht automatisch aggressiv verhält, weil es Sie beißt, ist es interessant zu wissen, wie Empathie bei Kindern funktioniert.
Interessant ist dabei, dass Kinder vor dem Erreichen des 19. Lebensmonat keine Empathie empfinden können. Die Empathie fängt erst ab diesem Zeitpunkt an, sich langsam zu entwickeln.
19. Lebensmonat | Empathie entwickelt sich langsam, aber das Kind unterscheidet noch nicht zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung. Es nimmt sich aber durchaus als eigenständige Person wahr. |
36 Monate | Erst zu diesem Zeitpunkt können sich Kinder in andere hineinversetzen. |
4 bis 5 Jahre | Fähigkeit der Empathie entfaltet sich. |
7 Jahre | In der Regel ist die Entwicklung der Fähigkeit der Empathie zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. |
Mit diesem Wissen verstehen Sie besser, warum ein Kind unter 36 Monaten nicht abschätzen kann, welche Konsequenzen sein Verhalten mit sich bringen kann. Es kann auch nicht verstehen, dass es Ihnen mit dem Beißen wehtut. Durch die Tatsache, dass es nicht zwischen der Eigen- und Fremdwahrnehmung unterscheiden kann, denkt es nicht, dass Ihnen das Beißen wehtun kann, wenn es ihm selbst nicht wehtut, wenn es Sie beißt.
Wann wird es kritisch, wenn Kinder ihre Eltern beißen?
Beißen bei Kleinkindern stellt sich, wie Sie gesehen haben, als recht normal heraus. Nicht selten nutzen Kleinkinder das Beißen und auch das Kratzen als Kommunikationsmittel, wenn sie noch nicht sprechen und ihre Wünsche und Bedürfnisse somit noch nicht in Worte fassen und äußern können.
Während das Beißen bei Kleinkindern einen wichtigen Entwicklungsschritt darstellt, sollten Sie aufpassen, wenn Ihr Kind auch im Vorschulalter noch beißt. In diesem Fall sollten Sie diese Verhaltensweise genauer betrachten, herausfinden, wo die Auslöser für dieses Verhalten stecken und handeln.
Denn, sobald das Kind sprechen und seine Wünsche und Bedürfnisse äußern kann und auch dazu in der Lage ist, mit Bezugspersonen über die Gefühle zu sprechen, anstatt sie über Beißen zu kommunizieren, lässt das Beißen in der Regel nach.
So gehen Eltern mit dem Beißen Ihres Kindes um
Wie schon gesagt, ist es wichtig, dass Sie das Verhalten Ihres Kindes nicht als Fehlverhalten sehen, sondern sich immer wieder vor Augen führen, dass es einen ganz normalen Bestandteil der kindlichen Entwicklung bedeutet.
Dennoch müssen Sie das Beißen nicht einfach so über sich ergehen lassen. Schließlich haben auch kleine Kinder bereits eine sehr große Kraft und können Ihnen durch das Beißen somit durchaus Schmerzen bereiten.
Aus diesem Grund spielt Ihre Reaktion auf das Verhalten eine wichtige Rolle. Gehen Sie immer liebevoll mit Ihrem Kind um und sprechen mit Ihm über sein Verhalten. Nehmen Sie sich zudem ein paar interessante und hilfreiche Tipps und Tricks zu Herzen, um aktiv gegen das Beißen durch Ihr Kind vorgehen zu können.
Vor allem Kleinkinder, die die Welt erst noch kennenlernen müssen, kennen gar keine andere Alternative zum Beißen, um sich ausdrücken zu können. Es liegt also in Ihrer Hand, Ihrem Kind eine Alternative zu bieten.
Reagieren Sie direkt
Der erste wichtige Tipp besteht darin, dass Sie direkt handeln, wenn Sie Ihr Kind beißt. Denn Ihr Kind ist nicht dazu in der Lage zu verstehen, was Sie meinen, wenn Sie erst Stunden nach dem Vorfall mit ihm darüber sprechen. Das funktioniert erst bei älteren Kindern. Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass sich das Zeitgefühl bei Kindern erst noch entwickeln muss.
So haben sich für Kinder Ereignisse, die vor ein paar Stunden oder auch vor mehreren Monaten passiert sind unter Umständen immer „gestern“ abgespielt.
Sagen Sie Ihrem Kind, dass Ihnen das wehtut und, dass Sie nicht möchten, dass es Sie beißt. Kommunizieren Sie dabei nicht mit Schreien oder mit Vorwürfen, dennoch mit bestimmter Stimme. Ihr Kind merkt anhand Ihres Tonfalls, dass Sie es ernst meinen und, dass es sich somit um eine ernst zu nehmende Angelegenheit handelt.
Worauf Sie verzichten sollten, sind allgemeine Aussagen, wie zum Beispiel:
- Wir beißen nicht.
- Beißen tut weh.
- Es ist nicht nett, zu beißen.
- Das macht man nicht. (Warum Kinder mit dem Wort „man“ sowieso gar nichts anfangen können und, weshalb Sie es aus diesem Grund lieber nicht anwenden sollten, können Sie in einem separaten Artikel nachlesen)
- Wie würdest du das finden, wenn ich dich beißen würde?
Kinder verstehen diese Verallgemeinerungen nicht. Achten Sie darauf, ganz klar zu kommunizieren, dass Sie nicht wollen, dass es Sie beißt und, dass Ihnen das Beißen Schmerzen zufügt.
Geben Sie Ihrem Kind Alternativen
Sicherlich spielt der erste Tipp eine wichtige Rolle, sollte jedoch immer von dem zweiten Tipp ergänzt werden. Für Ihr Kind ist es wichtig, dass Sie ihm eine Alternative zum Beißen anbieten:
- Will es seine Liebe und sein Glück ausdrücken, kann es Sie ganz feste drücken.
- Möchte es durch das Beißen seiner Wut Ausdruck verleihen, kann es fest auf den Boden stampfen, ein Kissen boxen oder auch in ein Kissen schreien.
Lassen Sie zu, dass Ihr Kind Gefühle auslebt
Mit dem Beißen aufzuhören, geht Hand in Hand mit der Fähigkeit der Selbstkontrolle. Um sich selbst kontrollieren zu können, muss sich Ihr Kind jedoch in der Position befinden, sich selbst zu kennen. Für diese Zwecke spielt es wiederum eine wichtige Rolle, dass Sie zulassen, dass Ihr Kind seine Gefühle erlebt und kennenlernt.
Lassen Sie zu, dass es traurig und wütend ist und lassen Sie es auch Glück und Freude ohne Hemmungen erleben. Helfen Sie ihm dabei, seine Gefühle besser kennenzulernen und somit anschließend auch sehr viel besser ziehen lassen und kontrollieren zu können.
Vor allem bei kleinen Kindern kann das bedeuten, dass Sie die Gefühle verbalisieren müssen. Denn, wie schon gesagt, nutzen Kleinkinder das Beißen unter anderem als Kommunikationsmittel, weil sie nicht wissen, wie sie sonst kommunizieren sollen.
Finden Sie heraus, was Ihr Kind fühlt und verbalisieren das, was Ihr Kind selbst noch nicht in Worte fassen kann. Das hilft Ihrem Kind dabei, sich und seine Gefühle sehr viel besser kennenzulernen.
Fragen, die Ihnen dabei helfen können, das Beißverhalten Ihres Kindes besser zu verstehen
Sie haben nun ein paar Tipps erhalten, die Ihnen dabei helfen, mit dem Beißverhalten Ihres Kindes umzugehen. Zudem haben Sie eine Antwort auf die Frage erhalten, warum Kinder ihre Eltern beißen. Dennoch bleibt für viele Eltern die Frage, warum das eigene Kind beißt. Um die persönlichen Gründe des Kindes besser nachvollziehen und es somit besser verstehen können, können Sie sich ein paar Fragen stellen:
- Handelt es sich bei dem Verhalten meines Kindes um das Nachahmen eines anderen Kindes? Macht es vielleicht ein Geschwisterkind nach?
- Was braucht mein Kind gerade? Welche Bedürfnisse hat es? Braucht es Nähe oder Aufmerksamkeit?
- Testet es Grenzen aus?
- Ist mein Kind frustriert oder spürt andere Gefühle, mit denen es noch nicht umgehen kann? Drückt es möglicherweise diese Überforderung durch die Gefühle durch das Beißen aus?
- Wie müde ist mein Kind? Bei Müdigkeit fehlt es Kindern an der Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, weshalb müde Kinder auch öfter Beißen.
Beißen bei Kindern – Ursachen und Lösungen – eine Zusammenfassung
Wenn Kinder beißen, ist das für die Eltern nicht nur schmerzhaft, sondern auch anstrengend. Aus diesem Grund hilft Ihnen diese Übersicht dabei, Ihr Kind etwas besser verstehen und somit direkt handeln zu können. Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass bei Kleinkindern keine Böshaftigkeit hinter dem Beißen steckt.
Grund | Lösung |
Kind bekommt Zähne und/oder möchte die Welt mit dem Mund entdecken | Beißring oder anderes Spielzeug, das Kinder beim Zahnen Abhilfe schafft. |
Kind möchte sehen, was sein Verhalten für Reaktionen provoziert | Kindgerechte Experimente, oder Spiel mit Musikinstrumenten (wenn es die Taste des Klaviers drückt, macht es ein Geräusch, etc.) |
Wunsch nach Aufmerksamkeit oder dem Erkennen der Bedürfnisse durch die Eltern | Regelmäßige Zuwendung zum Kind. Gestaltung exklusiver Zeit mit dem Kind, um ihm so die ungeteilte Aufmerksamkeit schenken zu können. |
Kind kann die Gefühle nicht ausdrücken | Gefühle verbalisieren und dem Kind somit dabei helfen, die eigenen Gefühle besser zu verstehen. |
Das Kind ist überreizt und weiß nicht, wie es mit dem Reizüberfluss umgehen soll | Dasein und das Kind begleiten. In der Zukunft besser darauf achten, ihm Ruhezeiten einzuräumen und es nicht zu vielen Reizen auf einmal auszusetzen. |